Mit Renate Lasker-Harpprecht ist in der Nacht vom 2. auf den 3. Januar eine der letzten Zeitzeuginnen der Nazi-Barbarei und der Shoa gestorben. 1924 geboren, wuchs Lasker-Harpprecht als zweite von drei Töchtern einer jüdischen Familie in Breslau auf. 1942 wurden ihre Eltern deportiert und ermordet, sie selbst wurde ins Zuchthaus verbracht, weil sie französische Kriegsgefangene solidarisch unterstütze.
Im Dezember 1943 wurde sie nach Auschwitz deportiert, wo sie ihre Schwester Anita wiedertraf, die inmitten des Grauens als Cellistin im Lagerorchester besser versorgt wurde, als Andere. Dies rettete Renate Lasker-Harpprecht das Leben. Der Widerspruch zwischen Kultur und Barbarei bestimmte fortan ihr Dasein, die Schwestern widmeten ihr Leben der Erinnerung an Auschwitz und die Shoa.
Lasker-Harpprecht hasste es, wenn Deutsche angesichts ihres eigenen Schicksal in Sentimentalität verfielen. Ob bei der Erinnerung an Bombenkrieg oder Vertreibung. Renate Lasker-Harpprecht stand konsequent für den „Willen zur Wahrhaftigkeit“ und „Mut zur Wahrheit“.
Das Leben und Engagement Lasker-Harpprechts mahnt uns die Erinnerungskultur an das dunkelste Kapitel der Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Die deutsche Verantwortung stirbt nicht mit den Zeitzeug*innen. 2020 stand unsere Demokratie so sehr unter Beschuss rechts-extremer, nationalistischer und demokratiefeindlicher Kräfte, wie seit dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur nicht mehr.
Die Angriffe auf die Stätten der Demokratie wie durch Pandemie-Leugner auf den Reichstag im Spätsommer oder in der gestrigen Nacht auf das Captitol, die sogar Todesopfer forderten, mahnen uns für das Kommende. 2021 muss das Jahr sein, in dem die Demokratie sich zum konsequenten Antifaschismus bekennt oder wir laufen Gefahr, dass die Zusammenrottung dieser Kräfte unsere Demokratie weiter aushöhlt.
Wir brauchen den Mut und den Willen zur Wahrheit, wie ihn Renate Lasker-Harpprecht zeitlebens einforderte. Damit ihr Schicksal sich nie wiederhole und nie in Vergessenheit gerate.