Es ist sehr richtig, dass jetzt gehandelt wird, bevor die Infektionen und mit ihnen die schweren Verläufe und schrecklichen Tode weiter ansteigen. Wir müssen jetzt etwas tun, bevor es nicht mehr genügend Intensivbetten und geschultes Personal für alle Betroffenen gibt.
Die Maßnahmen schränken die Menschen in Deutschland größtenteils in ihrer Freizeit stark ein. Kulturbetriebe und Gastronomie müssen schließen, wir dürfen uns nur noch zu sehr wenigen privat treffen. In der Arbeit werden wir uns aber weiter begegnen, denn weite Teile der Wirtschaft werden weiter so arbeiten, wie bisher. Schulen und Kitas bleiben geöffnet. Der Verdacht liegt nahe, dass dies nicht nur mit Blick auf die Bildung unserer Kinder geschieht, sondern um die Eltern weiter zu befähigen ihrer Arbeit nachzugehen. Ob es wirklich gut ist, die Maßnahmen auf den Privat- und Freizeitbereich zu beschränken, wird man in den nächsten Wochen sehen müssen. Ich habe immerhin Zweifel, ob etwa die Aufrechterhaltung des normalen Betriebs in den Fleischfabriken landauf und landab wirklich zur Eindämmung der Pandemie beitragen wird.
Besonders wichtig ist auch, dass sie Kosten der Maßnahmen gerecht verteilt werden. Die großen Konzerne und die Besitzer großer Vermögen müssen hier deutlich in die Pflicht genommen werden. Es darf nicht sein, dass Millionen Menschen von Arbeitslosigkeit bedroht sind, Soloselbstständige nicht wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt noch bestreiten sollen, Gastronomie- und Kulturbetriebe in ihrer Existenz bedroht sind, und nur große Konzerne und Wirtschaftsinteressen nachhaltig geschützt werden.
Nichts gelesen habe ich, wie die Bundesregierung und die Landesregierungen Geflüchtete in Sammelunterkünften, Menschen ohne Obdach, die bald auf oft sehr enge Notunterkünfte angewiesen sein werden, effektiv schützen wollen. Seit Beginn der Pandemie ist hier nicht genug geschehen. Wie bei den Leiharbeiter*innen in der Lebensmittelindustrie, werden sie immer wieder vergessen, wenn es um den Schutz der Gesundheit der Menschen in unserem Land geht.
Bedenklich ist auch, dass im Pflege- und Gesundheitssektor nicht genug geschehen ist. Immer noch steht viel zu wenig Personal zur Verfügung. Die Menschen, die hier arbeiten, werden sich wieder unter großem persönlichen Gesundheitsrisiko aufarbeiten müssen. Im schlimmsten Fall wird es wieder soweit kommen, dass sogar positiv getestete Menschen weiter in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern arbeiten müssen, weil es schlicht keinen Ersatz für sie gibt. Aber immerhin gibt es sicher wieder Applaus dafür.
Wie gesagt: Die Maßnahmen sind notwendig, wenn auch vielleicht nicht ausreichend. Sie können aber nur dann wirklich wirken, wenn sie fair gestaltet sind und klar ist, dass der Schutz der Gesundheit und der Schutz der Schwächsten in der Gesellschaft. Vorrang hat vor den Schutz von Profitinteressen.