„Wenn der Abstand zwischen Reich und Arm so bleibt, wie er jetzt ist, gibt es keinen Frieden auf der Welt.“
Ein Menschenfreund. Das war Norbert Blüm, und zählte zu denjenigen, die heute von den „Wütbürgern“ als „Gutmenschen“ geschmäht werden. Er war kein Linker, sondern christlich-sozial im besten Sinne. Gewerkschaftsmitglied und in der CDU zu sein, war für ihn kein Gegensatz. Als Minister hatte er Einschnitte in die gesetzliche Rente zu verantworten und betonte dennoch, dass sie das Fundament der Altersvorsorge sei, wehrte sich später gegen die rot-grüne Agenda-Politik und rechnete nicht nur in der „Anstalt“ mit der neoliberalen Ideologie ab. In der Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe war er dann wieder ganz christlich-konservativ.
Gestern, erst mit der Nachricht von seinem Tode, habe ich erfahren, dass er 1987 in Pinochets Chile reiste und dort gegenüber dem Diktator klare Worte fand, nannte ihn einen Folterknecht – zum Entsetzen von Blüms Partei. Pinochet machte ihm das perfide Angebot, 16 zur Hinrichtung vorgesehene Menschen durch Asyl in der Bundesrepublik zu retten. Seine Fraktion versuchte das zu verhindern, auch indem sie ihn beim Rederecht im Bundestag austrickste. Nur Dank der Grünen, die ihm Redezeit schenkten, kam er zu Wort. Die 16 Menschen erhielten Asyl. Viele Jahre später, bei einem Besuch in Santiago de Chile, hatte Blüm eine Begegnung: „In einer Markthalle stand plötzlich ein Mann vor mir und fragte: Sind Sie Herr Blüm? Ich nickte. Der Mann fiel mir um den Hals und drückte mich so fest, dass ich dachte, ich kriege keine Luft mehr. Dann sagte er: Sie haben mein Leben gerettet. Ich war einer der 16 Verurteilen, die hingerichtet werden sollten.“
Blüm war nicht nur „volksnaher“ Politiker und fand eindringliche Worte gegen den moralischen Bankrott Europas in der Flüchtlingspolitik, als Autor und Kabarettist spießte er auf, was in unserem Land gerade schief läuft. Blüm wird fehlen. Wir brauchen mehr Menschenfreunde wie ihn, gerade in diesen Zeiten.